Moto Guzzi

Teure Folgen eines Meßgerätekaufs

Dass alte Liebe aber doch Rost ansetzen kann, bemerkte ich vollkommen unvorbereitet 2015 auf einem Dorffest in meiner Heimat: lässig auf dem Seitenständer gelehnt, stand sie da neben einer Laterne und zwinkerte mir mit ihren Doppelaugen zu. Der Oberkörper war zwar etwas bullig, aber die kräftigen Muskel, die auf beiden Seiten nach oben herausragten, zogen meinen Blick von möglichen Problemzonen völlig ab. „Alter Schwede,“, dachte ich, „wer hat, der kann!!“. Vor mir stand eine Moto Guzzi Stelvio 1200 8V.

MG Stelvio 1200 8V
Quelle: Wikimedia

Später zu Hause und auch wieder etwas nüchterner zeigte sich, dass man vorsichtig sein sollte mit flüchtigen Bekanntschaften auf Dorffesten. Der heisse Feger kühlte sich für mich doch merklich ab, als ich seine Gewichtsdaten hervorgegoogelt hatte. Außerdem war die Modellserie wegen der turnusmäßigen Euro-Abgasproblematik bereits eingestellt.
Und so blieb meine alte Dame und ich erstmal ein Paar.

Vier Jahre später bestellte ich bei einer großen Motorradzubehör-Kette einen Öltemperaturmesser für die SevenFifty. Obwohl das Gerät an sich sehr klein war, stellte der Postbote ein Paket von der Größe eines Schuhkartons vor meiner Haustür ab. Neben dem erwarteten Gadget zog ich die aktuelle Ausgabe eines Motorrad-Magazins aus der Schachtel – Exklusiv-Ausgabe für Kunden.
Über die unerwartete Beilage freute ich mich, hatte ich mich doch schon seit geraumer Zeit nicht mehr mit der Situation auf dem Zweiradmarkt beschäftigt.

Keine Probefahrten machen, „nur mal so“ !

Und so passierte es, dass ich beim schnellen Durchblättern meinen Augen nicht traute, als ich auf den Testbericht der gerade neu erschienenen Moto Guzzi V85TT stieß.
Ich war sofort begeistert! Nicht nur wegen des unglaublich gut gelungenen klassischen Designs, das mich an die Zeiten der späten 80er erinnerte. Sondern auch das Verhältnis aus Masse und Leistung der Neuen aus Mandello del Lario bewegte sich (endlich!) in einem mir äußert sympatischen Rahmen: 80PS/80Nm bei rund 240kg (vollgetankt).

MG V85TT

Damit konnte sogar meine gute Alte nicht mithalten. „Probefahren kann ich sie ja mal.„, dachte ich, „Nur so zum Spaß.„. Und den hatte ich auch – zu Genüge. Schon auf den ersten Metern war deutlich zu spüren, was sich während der letzten 25 Jahren in Sachen Fahrwerkstechnik so alles getan hat. Sicherlich kein Erlebnis, das man nur auf der V85 erleben kann. Dass man im Rückspiegel aber wieder drehende Köpfe erleben darf, ist vermutlich nicht alltäglich!

Also kam es, wie es kommen musste: noch im Herbst 2019 begann ich eine neue Beziehung. Zwar führte ich bis zum Frühjahr eine Art Doppelleben (die Neue blieb noch bis zum Frühjahr beim Händler). Aber die Tage meiner guten SevenFifty waren gezählt!

Rückblickend kann ich also zusammenfassen: Vorsicht bei Probefahrten jüngerer Modelle – das kann teuer werden!

Prophetisches Zeichen! Weiterfahrt nicht möglich auf der Abschiedstour…
Veröffentlicht in Moppedfahrn.

2 Kommentare

  1. Hallo und schönen Gruß aus Königsbach!
    Fahre auch eine V85TT und mir ging es ähnlich. Probefahrt und wollte nicht mehr absteigen. Nun will ich mir mal die neue Stelvio ansehen.

    • Zur Stelvio gibt es auch schon Beiträge auf YouTube. Lesenswert ist auch der Fahrbericht des MOTORRAD-Magazins 23/2023. Fahren will ich die unbedingt auch mal – aber mit 245kg vollgetankt ist sie mir eigentlich schon zu schwer.

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